Energiebilanz von Wärmedämm-Verbundsystemen (WDVS)

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Ökobilanzierung von Bauprodukten

Die Reduzierung des Energiebedarfs im Gebäudesektor ist eine zentrale Maßnahme zur Bekämpfung des Klimawandels. Durch die Dämmung der Außenbauteile wird die energetische Qualität der Gebäudehülle verbessert, wodurch der Heizenergiebedarf erheblich sinkt. Eine hohe Energieeffizienz beim Neubau sowie eine umfassende energetische Sanierung der Bestandsgebäude sind daher unabdingbar.

Allerdings wird für die Durchführung der Dämmmaßnahmen ebenfalls Energie benötigt und dementsprechend auch CO2 emittiert. Der entstehende Primärenergieaufwand für die Baumaßnahmen verteilt sich dabei über den gesamten Lebenszyklus – angefangen bei der Rohstoffgewinnung und Herstellung der Einzelkomponenten über die Montage bis hin zum anschließenden Rückbau und der Entsorgung am Ende der Nutzungszeit.

Dieser Energieaufwand muss bei einer Gesamtbilanzierung berücksichtigt werden, um den tatsächlichen energetischen Nutzen einer Dämmmaßnahme zu ermitteln.

Eine der am häufigsten verwendeten Konstruktionen zur Dämmung von Außenwänden sind die sogenannten Wärmedämm-Verbundsysteme (WDVS). Um das Verhältnis zwischen dem erforderlichen Primärenergieaufwand und der eingesparten Heizenergie darzustellen, wird in diesem Artikel exemplarisch die Energiebilanz eines WDVS mit EPS-Dämmplatten ausgewertet.

Die folgenden Erläuterungen basieren auf den Ergebnissen der Environmental Product Declarations (EPD) des Instituts Bauen und Umwelt (IBU). Eine EPD ist eine objektive und unabhängig geprüfte Umwelt-Produktdeklaration, die für Baustoffe, Bauprodukte und Baukomponenten erstellt wird und Auskunft über die Umweltwirkungen des entsprechenden Produktes gibt.

Neben dem benötigten Primärenergieaufwand für die einzelnen Phasen des Lebenszyklus beinhaltet eine EPD weitere Ökobilanzen und Faktoren, wie beispielsweise das Eutrophierungspotenzial, das Bildungspotenzial für troposphärisches Ozon sowie detaillierte Angaben über Abfall und Recycling, welche jedoch im Rahmen dieses Artikels nicht näher betrachtet werden.

Energiebilanz eines Wärmedämm-Verbundsystems (WDVS)
WDVS aus EPS-Dämmplatten (mit Brandriegel)

Energieaufwand für die Herstellung und Entsorgung eines WDVS

Die Grundlage für die weiteren Ausführungen bildet die EPD “WDVS mit EPS Dämmplatten geklebt und gedübelt”. Diese und weitere EPDs zum Themenbereich der Wärmedämm-Verbundsysteme können unter folgendem Link eingesehen werden: 🔗 EPD Wärmedämm-Verbundsysteme

Die Daten beziehen sich auf einen Quadratmeter eines WDVS aus EPS-Dämmung mit einer Dämmstärke von 160 mm und einer Wärmeleitfähigkeit von λ = 0,032 W/(m·K). Ein Großteil des Primärenergiebedarfs entsteht bereits im Produktionsstadium (Rohstoffversorgung, Transportwege und Herstellung der Systemkomponenten und Baustoffe). Der Energieaufwand für das Errichtungsstadium wurde in der dargestellten EPD nicht berücksichtigt. Für die Montage vor Ort sind jedoch in der Regel keine energieintensiven Großgeräte erforderlich, und der Wasserbedarf ist ebenfalls gering. Daher ist anzunehmen, dass der Einfluss dieses Stadiums im Vergleich zu den anderen Lebenszyklusphasen vernachlässigbar gering ist.

Die Abfallbehandlung und Beseitigung am Ende der Nutzungsdauer des WDVS sowie die zugehörigen Transportwege wurden in die Berechnungen der EPD miteinbezogen. Eine energetische Gutschrift infolge der Verbrennung der thermisch verwertbaren Bestandteile unter Nutzung der Energie für die Strom- und Wärmeerzeugung ist ebenfalls rechnerisch berücksichtigt.

Die Ergebnisse der EPD werden im weiteren Verlauf von der Einheit MJ in die Einheit kWh umgerechnet. Daraus ergibt sich für einen Quadratmeter des dargestellten WDVS ein Primärenergieaufwand (erneuerbar und nicht erneuerbar) von 108,25 kWh.

Bei einer zu dämmenden Außenwandfläche von 120 m² (angesetzter Wert für ein exemplarisches freistehendes Einfamilienhaus) führt dies zu einem Primärenergieeinsatz von 12.989,3 kWh für das gesamte WDVS.
Primärenergiebedarf eines WDVS
Primärenergieaufwand für die Herstellung und Entsorgung eines WDVS

Energieeinsparungen und energetische Amortisation

Dem über den Lebenszyklus des WDVS erforderlichen Einsatz an Primärenergie stehen die Energieeinsparungen durch den reduzierten Heizwärmebedarf in der Nutzungsphase des Gebäudes gegenüber.

Wird in diesem Beispiel von einem ursprünglichen U-Wert der Außenwandkonstruktion von 1,30 W/(m²·K) ausgegangen, so erreicht man durch die zusätzliche Dämmung nun einen U-Wert von 0,17 W/(m²·K), also ein Verbesserung von ΔU = 1,13 W/(m²·K). Dies führt wiederum zu einer überschlägigen jährlichen Energieeinsparung von 8.814 kWh/a.

Wird diese Einsparung in das Verhältnis zum benötigten Primärenergieaufwand gesetzt, ergibt sich daraus eine energetische Amortisationszeit von 1,5 Jahren. Das bedeutet, dass durch das WDVS ab diesem Zeitpunkt mehr Primärenergie eingespart wird, als über dessen Lebenszyklus hinweg für die betrachteten Prozesse aufgewendet wurde.

Die energetische Amortisationszeit liegt damit deutlich unterhalb der erwarteten Nutzungsdauer eines WDVS von etwa 40 Jahren.

Energetische Amortisation
Energetische Amortisation eines WDVS