Baubetrieb und Bauverfahrenstechnik am Fachbereich Bauingenieurwesen
Nach seinem Studium im Bauingenieurwesen an der RWTH Aachen arbeitete Denis Loskant zunächst als Bauleiter in einem Bauunternehmen und später als Projektingenieur in einem Planungsbüro. Im Anschluss an diese Tätigkeiten kehrte er zurück an die Universität, um dort als wissenschaftlicher Mitarbeiter zu arbeiten und zu promovieren.
Nach seiner Promotion war Denis Loskant in mehreren führenden Positionen bei der Deutschen Bahn angestellt und leitete dort unter anderem Teams mit über 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. In seiner letzten Funktion bei der Deutschen Bahn war er verantwortlich für jährlich rund 150 Projekte mit einem Volumen von etwa 200 Millionen Euro.
In diesem Interview berichtet Denis Loskant über seinen persönlichen Werdegang und über seine Erfahrungen aus der Berufswelt und der Lehre. Dabei geht er besonders auf den Baubetrieb als Fachrichtung ein, gibt Ratschläge für Studierende und erläutert die Chancen und Vorteile einer Karriere im Bauingenieurwesen.
Experteninterview – Prof. Dr.-Ing. Denis Loskant
Hallo Denis! Ich freue mich, dass Du Dich bereit erklärt hast, dieses Interview zu führen. Am besten beginnen wir mit einer kurzen Vorstellung: Wer bist Du, wie ist Dein bisheriger Werdegang und was ist Dein derzeitiger Beruf?
Mein Name ist Denis Loskant. Aktuell bin ich Professor an der Fachhochschule Aachen und kümmere mich dort um die Themen des Baubetriebs. Ich denke, dass ich das auch bis zum Ende meines Berufslebens machen werde, da ich hier meine Berufung und auch meinen Traumjob gefunden habe.
Ich habe selbst Bauingenieurwesen an der RWTH Aachen studiert und war danach zunächst als Bauleiter in einem Bauunternehmen tätig und im Anschluss nochmal zwei Jahre in einem Ingenieurbüro.
Ich habe in der Zeit festgestellt, dass ich mich mit vielen Themen des Projektmanagements noch intensiver auseinandersetzen möchte, auch in der Forschung. Daher bin ich dann nochmal zurück an die RWTH Aachen gewechselt und habe dort als wissenschaftlicher Mitarbeiter gearbeitet. Ich bin viel in der Lehre tätig gewesen, habe viele Forschungsanträge geschrieben und mein eigenes Forschungsprojekt bearbeitet, aus dem dann schlussendlich auch meine Doktorarbeit entstanden ist.
Die Zeit an einer Hochschule als wissenschaftlicher Mitarbeiter ist in der Regel befristet. Es gibt nur wenige Stellen, die auf Dauer angelegt sind, wie beispielsweise der akademische Rat oder der akademische Oberrat. Meistens ist es so, dass man nach der Promotion wieder in die Wirtschaft wechselt. Das habe ich dann auch gemacht und war anschließend zehn Jahre lang bei der Deutschen Bahn in verschiedenen Funktionen in der Infrastruktur tätig.
Dabei habe ich so viel Praxiswissen angehäuft und konnte so viel Erfahrung sammeln, dass ich gesagt habe: “Jetzt ist der geeignete Zeitpunkt, dieses Wissen und diese Erfahrung an die Studierenden weiterzugeben und dafür zu sorgen, dass wir die Zukunft für Bauingenieure gesichert haben”.
Welche Fächer unterrichtest Du als Professor?
Das sind verschiedene Fächer aus der Vertieferrichtung Baubetrieb. Für Personen, die den Baubetrieb nicht kennen, vergleiche ich es meistens mit dem Thema Betriebswirtschaftslehre. Es ist nicht ganz so technisch, sondern wir setzen uns mit vielen Fragestellungen auseinander, die in anderen Fächern eher weniger vorkommen, wie etwa rechtliche Fragestellungen, wie man ein Unternehmen führt oder auch das Thema Personalführung.
Deswegen nimmt der Baubetrieb aus meiner Sicht schon eine gewisse Sonderrolle innerhalb des Bauingenieurwesens ein.
Ich unterrichte Fächer wie Schlüsselfertigbau, Baustellenlogistik, Personalführung und Bauverfahrenstechnik. Das sind alles ganz unterschiedliche Module, die relativ breit gefächert sind. Schon allein die Veranstaltung Schlüsselfertigbau behandelt sehr viele verschiedene Themenbereiche.
In dem Bereich muss man von allen Gewerken hinterher als Bauleiter Wissen angehäuft haben, um den Job auch richtig machen zu können. Daher ist der Baubetrieb sehr vielseitig aus meiner Sicht.
Welches Modul ist davon aus Deiner Sicht das spannendste und wichtigste für den späteren Beruf?
Da gibt es aus meiner Sicht tatsächlich zwei Fächer: Das erste ist das Fach Schlüsselfertigbau. Das ist sehr spannend, weil man dabei auf alle Gewerke eingeht, die zum Teil in anderen Veranstaltungen gar nicht behandelt werden, die man aber später als Bauleiter auf der Baustelle wirklich benötigt.
Zum Beispiel kommt das Thema Fenster nur in ganz wenigen anderen Veranstaltungen ansatzweise vor, ebenso wie die Themen Putz oder Estrich. Das sind Themenbereiche, bei denen man anfangs vielleicht denkt, dass diese gar nicht so komplex sind. Wenn man sich jedoch etwas intensiver damit auseinandersetzt, gibt es tatsächlich sehr viel, was man richtig machen kann, aber auch vieles, das man falsch machen kann.
Beim Schlüsselfertigbau ist die große Herausforderung für den späteren Bauleiter, dass er alle diese Themen kennen muss. Er muss sich im Grunde bei allen Gewerken, bei denen es normalerweise jeweils einen Spezialisten gibt, auskennen und muss dieses Wissen und die Erfahrung dazu auf der Baustelle haben. Deswegen finde ich den Schlüsselfertigbau sehr spannend, weil er eben so abwechslungsreich ist.
Die andere Veranstaltung, die ich extrem wichtig finde, ist Personalführung. Die Fachhochschule Aachen bildet natürlich auch Ingenieure aus, die in Zukunft Managementaufgaben übernehmen sollen. Aus meiner Sicht ist das Thema Personalführung eine der wichtigsten Managementaufgaben. Man wird hinterher nur im Team zusammen die Bauprojekte umsetzen können.
Ich habe in meiner eigenen Berufspraxis festgestellt, dass bei der Personalführung sehr viel schief laufen kann. Ich versuche daher, den Studierenden das richtige Handwerkszeug mitzugeben und aus meinen Erfahrungen zu berichten, damit sie dieses Thema in Zukunft meistern und einen guten Umgang mit ihren Mitarbeitern pflegen.
Welches Fach hat Dir in Deiner eigenen Studienzeit am meisten Spaß gemacht und welches war für Dich die größte Herausforderung?
Am meisten Spaß gemacht hat mir tatsächlich das Fach Baurecht, weil wir einen sehr guten Professor hatten, der gleichzeitig Rechtsanwalt bei einer großen Rechtsanwaltskanzlei war. Er hat es geschafft, dieses vermeintlich trockene Thema sehr gut rüberzubringen. Wir hatten sehr viel Spaß in der Veranstaltung und ich habe dabei auch für mein privates Leben viel gelernt, für meine berufliche Karriere natürlich sowieso.
Der Professor hat die Lehrinhalte so vermittelt, dass sie anschaulich waren und einem gleichzeitig Freude bereitet haben. Das Thema Baurecht ist insbesondere für den Baubetrieb später äußerst wichtig, weil es am Ende immer um Geld geht. Meistens geht es darum, dass der eine das Geld verdienen möchte, der andere es aber nicht unbedingt hergeben will. Daraus ergeben sich häufig dann auch baurechtliche Fragestellungen.
Das Fach, das mir die größten Herausforderungen bereitet hat, war der Massivbau. Ich habe dieses konstruktive Fach zusätzlich vertieft als Baubetriebler. Die Klausur war extrem schwierig, ich habe mich in Vollzeit zwölf Wochen darauf vorbereitet. Das war damals im Hauptstudium – das gibt es in dieser Form heute nicht mehr, also sagen wir es war im fortgeschrittenen Master. Der Massivbau war eine meiner letzten Klausuren.
Obwohl ich für das Fach so intensiv gelernt hatte, habe ich dann doch nur eine 4,0 geschrieben. Aber ich war sehr froh, dass ich es erfolgreich hinter mich gebracht hatte. Ich würde sagen, das war meine größte Herausforderung und daneben vielleicht noch der Stahlbau, also eher die konstruktiven Themen.
Ich habe diese Fächer extra mit in mein Studium reingenommen, weil ich dachte, dass ich mich dann auf der Baustelle auch wirklich fachkompetent mit den anderen Mitarbeitern unterhalten kann. Es hat mir später auch sehr viel geholfen im Berufsleben, aber es war auf jeden Fall eine Herausforderung.
Wieso sollten sich junge Menschen Deiner Meinung nach für ein Studium im Bauingenieurwesen entscheiden?
Bauingenieure gestalten die Welt und die Erde wie kein anderer Berufszweig. Der Großteil von dem, was man sieht, wenn man aus dem Fenster schaut, haben Bauingenieure gestaltet: Von der Straßenplanung, über die Häuser, die man sehen kann, bis hin zu allem, was man nicht sieht im Bereich der Infrastruktur unter der Erde. All das wird von Bauingenieuren definiert.
Aus meiner Sicht ist das ein ganz wichtiger Job, der unsere Umwelt und damit auch viele andere Bereiche prägt. Auch negative Aspekte, wie die CO2-Produktion oder das Abfallaufkommen. Beispielsweise entsteht ein großer Teil der CO2-Emmissionen durch Zement und durch die Verwendung von Beton. Deshalb haben wir als Bauingenieure eine sehr große Verantwortung der Gesellschaft und der Umwelt gegenüber. Man kann sehr viel bewirken. Der Berufszweig wird außerdem sehr stark gebraucht, weil die Infrastruktur in Deutschland veraltet ist.
Man kann daher zusammenfassen: Ein Job mit Zukunft, der wichtig für die Menschen in unserem Land und auf der ganzen Welt ist.
Du bist eingangs schon einmal kurz darauf eingegangen, aber was macht den Baubetrieb als Vertiefungsrichtung besonders attraktiv? Was unterscheidet ihn von anderen Vertiefungsrichtungen?
Eine Unterscheidung ist, dass die Baubetriebler im Regelfall nicht so technisch planen. Wir machen zum Beispiel Verfahrensvergleiche, um zu prüfen, welche Methode die wirtschaftlich und technisch geeignetste Methode ist. Wir planen aber keine ganzen Gebäude, Straßen oder Abwasserkanäle. Das machen die anderen Vertiefungsrichtungen.
Die Baubetriebler sind im Grunde gefordert, die Planungsideen der übrigen Kollegen bautechnisch umzusetzen. Der Baubetrieb ist daher sehr vielschichtig, weil man natürlich die technischen Themen alle verstanden haben muss, um sie auf der Baustelle auch umsetzen zu können. Gleichzeitig muss man sich aber auch mit rechtlichen, wirtschaftlichen und zeitlichen Aspekten und mit anderen Menschen auseinandersetzen.
Ich vergleiche den Baubetrieb gerne mit einem Orchester, in dem der Bauleiter der Dirigent ist. Er muss die verschiedenen Personen, die alle in einem Bauprojekt mitwirken, dirigieren und muss sie steuern. Jeder in dem Orchester kann sein eigenes Instrument natürlich besser spielen als der Dirigent, aber ohne ihn wird das Gesamtwerk trotzdem nicht so gut.
Deswegen ist es die Aufgabe des Baubetriebs, die technischen und wirtschaftlichen Themen alle unter einen Hut zu bringen. Er ist im Grunde für den Erfolg des Projektes insgesamt verantwortlich. Das unterscheidet den Baubetrieb aus meiner Sicht von den anderen Vertieferrichtungen.
Hast Du irgendwelche Tipps oder Ratschläge für Studierende im Bauingenieurwesen?
Das Bauingenieurwesen ist für die nächsten Jahrzehnte auf jeden Fall zukunftssicher, weil es so viel zu tun gibt in Deutschland und in den anderen Ländern. Insbesondere im Bereich der Infrastruktur, aber auch im Bereich Wohnen gibt es sehr große Herausforderungen. Das wird sich auch in den nächsten Jahren nicht ändern.
Der Job ist zukunftssicher und gleichzeitig verdient man gutes Geld. Das war beides früher nicht unbedingt so. Inzwischen ist man aber als Bauingenieur sehr gefragt und man wird keine Probleme haben, einen guten Job zu finden. Es ist aus meiner Sicht also eine gute Jobwahl.
Der zweite Punkt ist, dass es einem natürlich Spaß machen muss. Es muss einem Spaß machen, sich mit technischen Themen auseinanderzusetzen. Im Studium hat man viele Grundlagenfächer, die man sich anschauen muss, aber auch im ganzen Berufsleben werden technische Themen immer wieder dabei sein.
Aus meiner Sicht sollte man die Vertieferrichtung und auch die Klausuren beziehungsweise die Fächer nicht danach auswählen, welcher Professor diese Themen lehrt oder danach, ob das Fach vielleicht etwas schwieriger oder etwas leichter ist. Man sollte das wählen, was einem Spaß macht und den Bereich aussuchen, in dem man später auch wirklich arbeiten will.
Wenn man einen Job gefunden hat, der einem wirklich Spaß macht – und das ist vielleicht die größte Herausforderung – dann empfindet man die Arbeit auch überhaupt nicht mehr als Arbeit, sondern eher als Berufung. So ist es bei mir mit meinem jetzigen Job. Das ist meiner Meinung nach das Wichtigste, weil man in dem Beruf schließlich ca. 40 Jahre arbeiten wird.
Da ist auch das Bauingenieurwesen wieder sehr dankbar, weil es äußerst vielseitig ist: Man kann für Auftraggeber arbeiten, man kann für Auftragnehmer arbeiten, man kann die Perspektiven wechseln. Man hat sehr viele Möglichkeiten, innerhalb dieser 40 Jahre unterschiedliche Sachen zu machen und daher sollte es einem nie langweilig werden.
Vielen Dank für das Interview! Gibt es sonst noch etwas, das Du den Lesern mit auf den Weg geben möchtest?
Um herauszufinden, ob Bauingenieurwesen der richtige Studiengang ist, würde ich empfehlen, so früh wie möglich ein Praktikum in einem Bauunternehmen auf der Baustelle zu machen und zu schauen, ob man Spaß daran hat, bei der Gestaltung von Bauwerken mitzuarbeiten. Das ist eine gute Möglichkeit, um sich darüber bewusst zu werden.
Wie gesagt, die Zukunft ist im Bauingenieurwesen auf jeden Fall gesichert, aber es muss einem ja auch Freude bereiten und das Richtige sein.
Und denjenigen, die bereits studieren, würde ich empfehlen, sich so früh wie möglich mit karrieretechnischen Themen auseinanderzusetzen und sowohl das Studium als auch den Studienstart strategisch zu planen: Was will ich machen? Wo will ich hin? Wie sollte dafür das Thema meiner Abschlussarbeit aussehen? Welche Praktika sollte ich machen?
Es ist zwar so, dass man momentan gute Jobs findet und auch nicht besonders lange suchen muss, aber die Situation wird vermutlich nicht für immer so sein. Daher ist es wichtig, dass man einfach einen guten Lebenslauf gestaltet.